Die Indianer
Die Geschichte der Indianer ist bis heute stark verharmlost und teilweise auch verfälscht. Denkt man an Indianer, so steigen Bilder von Sitting Bull, Karl May und Winnetou oder ein skalpierter Kopf in den Vorstellungen auf. Man denkt an lange Haare oder rasierte Schädel, an Federschmuck, die Friedenspfeife, an etliche Rituale und weiß, dass der Indianer keinen Schmerz kennt. Am Marterpfahl galt es tatsächlich als große Kriegskunst, nicht zu schreien, wenn ein Stamm den anderen folterte, insbesondere bei den Irokesen. Andere Stämme dagegen ließen sich sogar zum Christentum bekehren, waren nicht kämpferisch veranlagt.
Hier zeigt sich, wie vielfältig und verschieden diese Naturvölker waren. Sie bekämpften sich natürlich auch untereinander, wenn es die Umstände erforderten, doch auch oder gerade von den weißen Siedlern wurde den Indianern übel mitgespielt.
Von den Ureinwohnern Amerikas sind viele Menschen fasziniert, sowohl von ihren einfachen Bedürfnissen, der Erziehung ihrer Kinder, ihrer Verbindung zur Natur, ihrem Wissen im Umgang mit der Natur, der Jagd als auch der Bauweise ihrer Unterkünfte. Die verschiedenen Stämme unterscheiden sich nicht nur in ihrer Art zu leben und mit der Natur zu kommunizieren, sondern auch in ihrer Jagd oder Angriffslust. Viele Stämme waren sowohl Jäger als auch Sammler. Es gab aber auch Stämme, die waren nur Sammler oder galten als Erntevolk, so wie z. B. die Yokut, die um Kalifornien herum angesiedelt waren. Andere waren hervorragende Jäger, wie die Naskapi aus der Subarktis, oder kannten sich im Fischfang aus, wie z. B. die Tlingit von der Nordwestküste. Alle Stämme unterscheiden sich weiterhin auch durch ihre Sprache, ihre Religion, ihr soziales Gefüge oder auch ganz einfach durch ihr Aussehen.
Der Gebrauch von Friedenspfeifen war dagegen ein allgemeiner Brauch, gerade auch in der Begegnung untereinander. Ebenso ähnelten sich die Waffen, bestanden aus Pfeil und Bogen, Lanzen, verschiedenen Kriegs- und Jagdkeulen oder dem Tomahawk, das aber häufig hauptsächlich Werkzeug war und seinen kriegerischen Einsatz erst mit den Angriffen der Siedler fand. Klassisch bei dieser Waffe war die Verbindung von Beil und Pfeife, woraus sich im Sprachgebrauch der Ausspruch – „das Kriegsbeil begraben“ gebildet hat.
Man denkt heute häufig, dass die Indianer hauptsächlich von der Büffeljagd lebten, doch das ist ein Irrtum. Die sich schlagartig verringernde Anzahl der Büffel- und Bisonkultur fand ganz im Gegenteil durch die Besiedelung der Weißen statt, die mit ihren Pferden auf die Jagd gingen und die Tiere in zu großen Mengen töteten, ohne dabei das Fleisch richtig verwerten zu können. Die meisten Stämme galten als Waldindianer, bis sie nach und nach durch die Siedler aus ihren bisherigen Territorien und Lebensräumen verdrängt wurden.
Die Indianer befassten sich mit ihrem Umfeld, der Natur, dem Lebensraum der Tiere, mit dem sie sich verbunden fühlten. Es gab unterschiedliche Rituale, häufig einen Medizinmann, der als weise galt und von den unterschiedlichen Altersgruppen aufgesucht oder befragt wurde, bevor zur Jagd oder zum Kampf aufgerufen wurde. Die Indianer glaubten an eine Geisterwelt, an die Verwandlung in ein Tier, kannten sich mit Heilkräutern und Heilpflanzen aus. Sie wussten, dass jede Pflanze zu bestimmten Zeiten geerntet werden konnte, um ihre ganze Wirkung zu entfalten. Für die Ernte wurden die Geister angerufen und ihnen ein Opfer dargebracht, bevor das Kraut gepflückt wurde. Die Natur lieferte die Medizin, der Indianer gab der Natur ein Opfer zurück, um den Ausgleich zu schaffen. Wer sich nicht an das Ritual hielt, wurde sogar bestraft.
Auch die Vorstellung, dass Indianer nur in Zelten lebten, ist hinfällig, ganz im Gegenteil waren die Indianer gute Konstrukteure, die hervorragend mit Holz, Fell und Tierhaut umgehen konnten. Natürlich gab es auch das Tipi, eine Art Sommerzelt, oder einfache Wigwams, doch auch diese wurden häufig mit Birkenrinde versehen und schützen selbst im Winter vor Kälte und Wind. Weiterhin fanden sich je nach Gegend und Stamm auch Grashütten, wie sie die Apachen nutzten, oder Erdhäuser, die groß genug waren, um auch die Lieblingspferde unterzubringen. Es gab Hütten aus Laub, Hogans, die aus Baumstämmen gebaut wurden, Langhäuser, wie sie die Irokesen nutzten, oder auch Plankenhäuser. Je nach Gebiet und Stamm wurde der Wohnraum an die Lebensumstände angepasst und dafür genutzt, was in der Natur zur Verfügung stand.
So zeigt sich doch, wie vielfältig und einfallsreich die Indianer waren, dass sie sowohl durch Stamm und Gebiet ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen haben. Der weiße Mann hätte einiges von diesen Naturvölkern lernen können, stattdessen vertrieb oder bekehrte er die Indianer und schaffte es fast, sie auszurotten.