Afrikanische Kunst
Die afrikanische Kunst gehört zu den vielfältigsten und formenreichsten, kulturellen Traditionen der Welt. Oft wird sie lediglich mit einem bestimmten, bildhauerischen Stil assoziiert; bei näherer Betrachtung aber zeigt sich die afrikanische Kunst als Produkt eines ganzen Kontinents, so diversifiziert und traditionsreich wie seine vielen Menschen, Gesellschaften und soziale Formierungen, die über Jahrhunderte die verschiedensten visuellen Darstellungsformen entwickelt haben. Darüber hinaus umfasst die afrikanische Kunst auch jene Werke, die in der sogenannten afrikanischen Diaspora entstanden sind, also von afrikanischen Künstlern gefertigt, die den afrikanischen Kontinent verlassen haben, sich aber in ihren Werken weiterhin mit ihm und ihrer Beziehung zu ihren Wurzeln beschäftigen.
Trotz dieser Verschiedenheiten lassen sich in der afrikanischen Kunst durchgängig einige gemeinsame Motive feststellen.
Da ist zum Einen die Betonung der menschlichen Form. Der Körper war immer ein zentrales Thema in der afrikanischen Kunst, und hat als solches einen nicht geringen Einfluss auf die Entwicklung der europäischen Kunst genommen – und zwar bereits seit es den Kontakt zwischen diesen beiden Kulturen gibt. Die menschliche Form kann sowohl das blühende Leben als auch den Tod symbolisieren; sie stellt die verschiedensten beruflichen und spirituellen Funktionen dar, aber kann ebenso auch eine Ausdrucksform des Göttlichen sein. Typisch und einzigartig sind auch metamorphe Gestalten zwischen Tier und Mensch. Überhaupt nimmt die Skulptur einen überragenden Stellenwert in afrikanischer Kunst ein – anders ausgedrückt: das dreidimensionale überwiegt das zweidimensionale. Selbst plane Hausbemalungen werden durch ihre architektonischen Einbindungen als Skulptur wahrgenommen.
Aber auch die Performance-Art, die in Europa erst relativ spät als solche definiert und akzeptiert wurde, spielt in der afrikanischen Kunst diese Betonung auf den menschlichen Faktor wider. Elaborate Masken und Kostüme sind gute Beispiele: Sie standen nicht als die singulären, für sich wahrgenommen Kunstwerke, als die sie auf dem Kunstmarkt heute kommuniziert werden, sondern wurden eingebunden in rituelle, getanzte Zeremonien. Die einzelnen afrikanischen Masken haben dementsprechend definierte Namen, die aber nicht nur das Kunstwerk an sich, sondern auch die Art der mit ihr verknüpften Darbietung, und den respektiven Geist, der durch sie angerufen wird, mit einschließt.
Ganz im Gegensatz hierzu steht ein weiteres, typisch afrikanisches Kunstideal: Die Abstraktion. Abstraktion geht vor naturalistischer Abbildung. Besonders zu vermerken ist dies in der Überschneidung mit antiker ägyptischer Kunst, wo ein hoch abstrahierter und streng reglementierter visueller Kanon herrscht. Dieser geht soweit, bestimmte Farben und Symbole nach definierten Systemen bestimmten menschlichen Eigenschaften zuzuordnen.
Beeinflusst wurde die afrikanische Kunst nach ihrem heutigen Verständnis ganz generell von vier verschiedenen Schulen von Kultur und Ideologie: Muslimischen Ausdrucksformen, dem antiken Ägypten, der Kunst des Mittelmeerraumes und dem ursprünglichen Schwarzafrika. Die afrikanische Diaspora wiederum vermischte sich hauptsächlich mit Kunst aus Brasilien, der Karibik und den Vereinigten Staaten.