Afrikanische Figuren
Afrikanische Kunst ist immer Symbolismus und Ritual. Wir treffen auf afrikanische Figuren und Skulpturen, deren Ausdruck uns überwältigt und beeindruckt. Das allgemeine Unverständnis über den Hintergrund solcher wunderschöner Meisterwerke führt dazu, dass diese häufig als groteske oder schauerliche Form empfunden werden. Trotzdem gibt es weltweit ein immer größer werdendes Interesse an afrikanischen Skulpturen, ganze Sammlungen werden ausgestellt und diskutiert und erzielen auf dem Markt mittlerweile hohe Preise.
Das zentrale Thema der afrikanischen Kunst ist der Mensch, sein Abbild, sein Gesicht, sein Ausdruck, seine verschiedenen Arten der Gefühlsregung, seine unmittelbaren Träume und Erfahrungen. Hin und wieder treffen wir auch auf Tierbilder, die allerdings immer in Bezug auf den Menschen und seine Umgebung dargestellt werden, oftmals auch als Mischwesen von Mensch und Tier. Landschaftsbilder sind eher selten. Afrikanische Kunst drückt sich hauptsächlich in der Figur, in einer Plastik aus. Natürlich gibt es daneben auch noch die Grafik oder die Felsmalerei, die aber hinter der Plastik zurücktreten.
Das, was uns als Kunst erscheint, sei es durch Schnitzerei, Schmiedekunst, Weberei entstanden oder eine andere Form der afrikanischen Dekoration, ist kein Erschaffen von Kunstwerken, ist kein Schöpfungsprozess, wird überhaupt nicht als Kunst verstanden, sondern soll einen Zweck erfüllen, ist also reines Handwerk. Hier spricht uns nicht der Schöngeist afrikanischer Sitten und Kulturen an, sondern zeigt uns einen Auftrag, der eine Maske, eine Figur, ein Gefäß, Schmuck oder eine ganz simple Sitzgelegenheit hervorbrachte. Den Begriff „Kunst“ oder überhaupt den des Künstlers gibt es im afrikanischen Sprachgebrauch nicht, trotzdem sind sich die verschiedenen afrikanischen Stämme durchaus der ästhetischen Wirkung ihrer Schöpfungen bewusst.
Da das Hauptmaterial häufig Holz war, gibt es kaum noch historische Erzeugnisse, die uns etwas über die Vergangenheit erzählen. Das Handwerk selbst jedoch hat sich über all die Zeit erhalten und ist natürlich mittlerweile weltweit als Kultur und Kunst Afrikas anerkannt.
Trotz unterschiedlicher Sitten und Stämme gibt es in der afrikanischen Kunst gemeinsame, spezifische Züge. Während man bei den Buschmännern eher weniger Kunst vorfindet, ist sie als Handwerk bei den Anbau treibenden Völkern sehr häufig vertreten. Die Masken, die zumeist aus Materialien wie Holz, Bast, Stroh oder Fasern hergestellt werden, stellen Menschen, Geister oder Schutzheilige dar oder sollen gegen böse Geister und Krankheiten schützen. Die Verschiedenartigkeit ihres Aussehens rührt von bestimmten, typologisch fassbaren Motiven her und der jeweiligen gestalterischen Intensität der einzelnen Stämme und Gebiete. Die afrikanischen Figuren sind immer Merkmal der Religion, mit tiefer Tradition, mit Mythen und Ritualen und den daraus hervorgehenden Festen verbunden. Auch gibt es bestimmte Fetischfiguren, mit denen auf übernatürliche Phänomene eingewirkt werden soll. Jede afrikanische Dekoration oder Figur hat damit seine Bestimmung, seine Aufgabe.
Kein Wunder also, dass uns afrikanische Skulpturen so beeindrucken. Wir spüren bei der Betrachtung jener vordergründig zunächst grotesk auf uns wirkenden Masken und Figuren den starken Hintergrund, das Symbolhafte dieser Kultur, dass sich das Groteske bald langsam auflöst und stattdessen ein tiefes Empfinden von Ruhe und Zufriedenheit einstellt. Der Zweck hat sich im Nachhinein schließlich doch zur Kunst, zu einer tiefen Bedeutung gewandelt.